Integration von Totholz in Verfahren der Direktsaat von Weißtanne (Abies alba) und Stiel-Eiche (Quercus robur) zur Begründung stabiler, klimatoleranter Mischwaldökosysteme im Stadtwald Hildburghausen
Laufzeit: November 2021 – Juni 2025
Projektleitung: Dr. Alexander Tischer & PD Dr. Markus Bernhardt-Römermann
Mitarbeiter: Kim Wagner, Thomas Medicus
Kooperationspartner: Stadt HildburghausenExterner Link Herr Bernd Hoffmann
Gefördert durch: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Rahmen des Waldklimafonds koordiniert durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR)
IntegSaat im Internet: FNR PressemitteilungExterner Link, FNR ProjektdatenbankExterner Link
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Entwicklungsdynamik von Weißtannenkeimlingen und -sämlingen
Detaillierte Untersuchungen zur Entwicklung der Weißtannenkeimline und Sämlinge im Statdwald Hildburghausen innerhalb der Wachstumsperiode 2022 zeigen deutliche Abhängigkeiten und Dynamiken. Von entscheidender Bedeutung für die Vitalität, vor allem im Keimlingsstadium, ist trotz der Wassermangelresistenz, die Bodenfeuchte und damit das Wasserangebot und assoziierten Niederschläge. Die langanhaltende Trockenheit zwischen Juni und August 2022 führten zu einem vermindertem Wachstum, sowie zu einer erhöhten Mortalität sowohl bei Keimligen, als auch bei Sämlingen. Auch sind Unterschiede zwischen künstlichen Waldsaaten und Naturverjüngung sichtbar.
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Palynologische und forstgeschichtliche Untersuchungen
Die pollenanalytische Untersuchung eines Moor-Bohrkernes, kombiniert mit der Auswertung forstgeschichtlicher Quellen ergab eine detaillierte Erfassung der Entwicklung des Stadtwaldes in den vergangenen ca. 700 Jahren. Auch die Bedeutung der Weißtanne im Zuge der Waldgschichte in Hildburghausen konnte nachvollzogen werden. (Abgeschlossene Qualifikationsarbeit von Frau Paulin Burgschat)
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Mikroklimatische Untersuchungen einer Weißtannensaatfläche
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Publikationen
- Tischer, A.; Klaus, J., Kühne, Ch., Hoffmann, B., Hartig, M., Schmidt, R. (2023): Instabile Fichtenbestände mittels Eichel-Saat rasch umbauen. AFZ Der Wald 5/2023, S.17-21.
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Waldsaaten in Hildburghausen
- Rotbuche, Stiel- und Traubeneiche, Bergahorn; Wiedereinbringung der Weißtanne
- zielgerichtete Mehrung der Weißtanne seit 2008 (Pflanzung & Saat)
- permanente Auslesedurchforstung - Ergebnis lichtdurchflutete Wälder mit angeregter mikrobieller Aktivität der Humusauflage & Abbau ehem. Rohhumusauflagen = günstiger Bodenzustand für die Waldsaat
- Anpassung des Jagdkonzeptes entsprechend der Verjüngung ohne Zaun
- kontinuierliche Beobachtung und Dokumentation der Entwicklung der Saaten in den ersten sieben Jahren
- Eichensaaten in Anlehnung an die Ausführungen zur Weißtanne (bisher nur <10 ha)
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Voruntersuchungen durch die FSU Jena
- Einrichtung von 8 Untersuchungsplots (á 15 x15 m) in zwei Saatbeständen (Saat Nov. 2018) u.A. im Rahmen der Masterausbildung (link -> Bild)
- Standorte der Plots = repräsentativ für Stadtwaldgebiet:
- (1) terrestrischer, mäßig frischer Standort mittlerer Trophie (M2)
- (2) wechselfeuchter Standort mittlerer Trophie (WM2)
- Anlage, Aufnahme und bodenchemisch & -physikalische Analyse von Bodenprofilen
- Ermittlung der Sämlingszahlen pro laufendem Meter Saatreihe im Mai 2019 und Juni 2020 (siehe Abbildung)
- Bestimmung von Standorteigenschaften:
- Baumdimensionen und Positionen des Fichtenschirms, hemisphärische Fotos
- Bodenwassergehalte im zeitlichen Verlauf
- bodennahe Luftfeuchte und Lufttemperaturen
- Oberboden pH-Werte & organische C- und N-Gehalte
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Arbeitsziele
- Einrichtung von standort-diversen Dauerbeobachtungsflächen zur mittel- bis langfristigen ökologischen und ökonomischen Bewertung und als Demonstrationsflächen für den Wissenstransfer
- Erfassung und Bewertung der Effekte von Totholz auf die Etablierung stabiler Mischwaldökosysteme im Rahmen der Direktsaat von Weißtanne und Stiel-Eiche
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Auswahl der Flächen
Die Auswahl basiert auf Einbeziehung von Standorten, die...
- besonders bedeutsam für Kohlenstoffspeicherung im Boden sind (Pseudogley)
- basenarm und versauert, also sensitiv für Nährstoffentzüge sind (podsolierte Braunerden)
- besonders anfällig für Reduktion von Sommerniederschlägen sind (Hanglagen mit geringer Bodenmächtigkeit)
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Integration von Totholz auf den Saatflächen
Erwartungen
- Erhöhung toter organischer Substanz als Kohlenstoffpool auf der Fläche (C-Speicherung)
- Rückführung gespeicherter Nährstoffe aus Rinde und Holz in das System Boden-Pflanze
- Schutz der Sämlinge vor Wildverbis (Totholz = mechanisches Hindernis)
- Förderung eines vermutlich günstigeren Mikroklimas zur Verbesserung der Etablierung und Entwicklung der Sämlinge durch Abmilderung niedriger Luftfeuchte, sehr hoher Temperaturen während der Vegetationsperiode & von Spätfrösten
- Förderung höherer Biodiversität durch Schaffung von Substrat und Habitat für Mikroorganismen bis hin zu Insekten (Untersuchung höherer Pflanzen, Moose und Flechten)
Technische Umsetzung
- Einsatz einer leichten, flexiblen, ferngesteuerten forstlichen Kleinraupe als Alternative zum herkömmlichen Direktsaatverfahren mit Pferd und Pferdeführer
- -> potenzielle Skalierbarkeit des Saatverfahrens auf große Flächen
- -> Beurteilung der mechanischen Bodenbelastung und Auswirkung auf Physiko-chemische Prozesse im Boden
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Auswirkungen der Arbeiten auf die biologische Vielfalt
- biologische Vielfalt beinhaltet verschiedene Aspekte der Diversität, wie z. B. Ökosysteme, Arten und die genetische Vielfalt innerhalb einer Art oder lokalen Population
- Aussaaten und die Anreicherung von Totholz führen zu direkten und indirekten Effekten auf die biologische Vielfalt
- im Gebiet werden Vorkommen und Verjüngungspotentiale von zwei hier bisher kaum vorkommenden Baumarten geschaffen
- Altbestände: Weißtanne bisher mit < 1 % und Stiel-Eiche mit < 5 % vertreten
- Anhebung auf mind. 4 % bei Weißtanne und mind. 10 % bei Stiel-Eiche geplant
- positive Effekte:
- Weißtannensaatgut aus Slowakei und Rumänien zur Erhöhung der innerartlichen biologischen Vielfalt und damit Steigerung der Vitalität und Anpassungsfähigkeit
- horizontal und vertikale Strukturiertheit von Waldbeständen wird verstärkt
- mittel- und langfristig wird indirekt die Entwicklung und z. T. Wiederherstellung natürlicher Organismennetze erreicht und damit eine Aufwertung des Ist-Zustandes gefördert
- durch die Erhöhung der genetischen Vielfalt ist zu erwarten, dass sich die Individuen etablieren können, die an die aktuellen Umweltbedingungen (Klimawandel) angepasst sind – die so begründeten Bestände lassen eine bessere Stabilität in der Zukunft erwarten