Welche Form der Nachhaltigkeit ist möglich? Philosophisch- anthropologische Reflexionen auf unser planetarisches Mensch-Umwelt-Verhältnis

Vortrag am Donnerstag 29.2.2024 im Rahmen des 13. Bayreuther Kontaktstudium Geographie – Gesellschaft und Umwelt, GEO II, H8 9.45 Uhr

Welche Form der Nachhaltigkeit ist möglich? Philosophisch- anthropologische Reflexionen auf unser planetarisches Mensch-Umwelt-Verhältnis

Die Philosophische Anthropologie fristet ein Schattendasein in der hiesigen Geographie, was umso bedauerlicher ist, weil sie einen der wenigen theoretisch zu Ende gedachten Ansätze darstellt, der das Mensch-Umwelt-Verhältnis realistisch betrachten oder die anthropologischen Grundlagen relevanter (geographischer) Handlungszusammenhänge argumentativ ausweisen kann. Vor allem in der Fassung von Helmuth Plessners »Die Stufen des Organischen und der Mensch« bietet sich ein Szenario, um gegenwärtige Debatten ökologischer Nachhaltigkeit oder dem Umgang mit der Natur jenseits modischer Plattitüden (»homo destructor/der zerstörerische Mensch« u.a.) als ein Problem anzuerkennen, das sich so nur dem Menschen stellt: nur er ist herausgehoben aus der Natur, nur er hat keinen natürlichen Ort auf dieser Welt, nur er ist deswegen gezwungen, sich kulturelle Welten (»Gesellschaft«) als deren Supplement zu schaffen, ohne die er nicht existieren kann.

In diesem Zwang, der auf der biologisch-anthropologischen Ausstattung des Menschen aufbaut, sind sein Handeln und seine Beziehungen zu Natur und anderen Menschen nicht zu verstehen - wie auch seine Schwierigkeiten damit. Im Verband mit neuzeitlicher Technik ist der Mensch auch in der Lage, weit über das nötige Maß in die Natur einzugreifen, sie zu verändern oder sie zu seinem Mehrwert zu extrahieren. Dennoch ist der Versuch, über ‚Verzicht‘ oder Leugnung technischer Fortschritte wieder zu einem ‚natürlicheren‘ Naturverhältnis zurückzukommen, zum Scheitern verurteilt. Mit Plessner wird klar, dass einmal erreichte Stufen der Enkulturation weder geistig-kognitiv, noch leiblich-körperlich noch machtbezogen-gesellschaftlich je wieder zurückzuholen oder durch eine ’andere Wirtschaftsweise’ herzustellen sind. Auf dieser Grundlage möchte der Vortrag einen Vorschlag zum besseren Verständnis der Mensch-Umwelt-Thematik unterbreiten, indem man von naiv-romantischen (zurück zur Natur/Region) oder naiv-antikapitalistischen (»degrowth«, »Verzicht«) Losungen absieht, und sich realistisch mit dem Machtpotential auseinandersetzt, das den Menschen gegenüber Natur und Tier heraushebt.