1992 – Beginn des Wiederaufbaus
Nachdem das Institut für Geographie im Jahr 1968 geschlossen wurde (Frühe Historie bis 1968), strebte die Jenaer Universitätsleitung nach der Wiedervereinigung an, die Geographie in Jena erneut zu etablieren. Im Jahr 1992 begann eine Berufungskommission die Besetzung neuer Lehrstühle.
Herausforderungen und Exkursionen
Prof. Dr. Peter Sedlacek und Prof. Dr. Roland Mäusbacher waren aktiv am Wiederaufbau des Instituts beteiligt. Anfangs galt Jena als Standort für geographische Forschung und Lehre als nicht attraktiv. In den ersten drei Jahren nach der Wiedereröffnung fehlten Bibliothek und Labore. Mit der Neubesetzung der Professuren wurden schließlich weitere Räumlichkeiten im Institut ausgebaut, sodass Forschung und Lehre sich weiterentwickeln konnten.
Über die Herausforderung Professor:innen und Mitarbeitende für den Standort Jena zu gewinnen, den arbeitsintensiven Aufbau des Instituts sowie über eine Exkursion nach Neuseeland erzählt Prof. Dr. Roland Mäusbacher ausführlich im Interview:
Veränderungen und Entwicklungen seit der Neugründung
Die langjährige Mitarbeiterin Rosemarie Mendler fing im Jahr 1993 als Kartografin am Institut an zu arbeiten. Sie hat das Feld der Kartografie in Jena grundlegend mit aufgebaut und sich durch ihr Engagement bei der Digitalisierung der Arbeitsweise innerhalb der Kartografie und Geoinformation verdient gemacht.
"Ich habe damals noch mit Reprokamera und Entwicklungsgerät sowie Kopierrahmen und Leuchttisch gearbeitet. Die Kartenelemente wurden auf Spezialfolie graviert, gezeichnet oder montiert. Alles war Handarbeit."
"Die Arbeitsmittel als Kartografin haben sich gewandelt [...]. Die Dunkelkammer war vielleicht zwei Jahre in Betrieb und dann kamen die ersten Programme und Rechner. Am Anfang hatte ich überhaupt keinen Rechner [...]. Es ging in die Richtung alles digital."
(Interview mit Rosemarie Mendler im August 2022. Interview: Imke Hurlin, Laura Röbe-Oltmanns, Juniorprofessur, Sozialgeographie)
1995 – Offizielle Neugründung des Geographischen Instituts
Im Jahr 1995 wurde das Institut für Geographie nach 27 Jahren der Schließung offiziell neu gegründet und verlor damit den Namenszusatz "in Gründung". Am 24.05.1995 unterschrieb Prof. Dr. Peter Sedlacek, in seinem Amt des Institutsdirektors, die offizielle Gründungsurkunde. Zum Zeitpunkt bildete das florierende Institut bereits 150 Geographie Studierende im Diplom- und Lehramtsstudiengang aus.
Die Gründungszeit wurde als chaotisch erlebt. Zum einen bedeutete dies freie selbständige Entscheidungen auf Seiten der Mitarbeitenden was Aufbau und Lehre betraf und zum anderen große Herausforderungen.
Aufbruchsstimmung in der Gründungszeit - Prof. Sedlacek im Interview
"Der Start im WS 1992/93 war recht chaotisch. Es gab bei uns keine Informationen oder Absprachen im Vorfeld, noch einen Plan, was zu tun wäre, noch waren uns irgendwelche Zuständigkeiten bekannt. Daher mussten wir alles erfragen. Im Zweifel war für alles „der Kanzler“ zuständig."
"Bei unserer (Roland Mäusbacher und ich trafen am gleichen Tag in Jena ein) Ankunft warteten bereits zweiundzwanzig Studierenden, die wir am nächsten oder übernächsten Tag über ihr Geographiestudium informieren und denen wir ein Veranstaltungsangebot für das erste Semester vorstellen sollten."
"In den ersten Wochen hatte ich einen Arbeitsplatz in einem Abstellraum mit reichlich ausgelagerten Möbeln. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es im damaligen Gebäude des Dekanats war oder schon im damals noch so genannten Technischen Instituts. Erst nach zwei oder drei Wochen bekamen wir die ersten Zimmer im Gebäude am Löbdergraben, die aber noch hergerichtet werden mussten (was dauerte). Zunächst hatten wir noch „Schülerschreibtische“. Auch Telefon (mit Wählscheibe) gab es, aber keine Direktwahl nach außen. Alles ging über die damalige Telefonzentrale, die personell und technisch überfordert war. Es wurde erst einfacher, als uns ein Kollege aus der Chemie eine Vorwahl in ein mir unbekanntes „Chemie-Netz“ verriet. Auf irgendwelchen verschlungenen Wegen konnten wir ab dann auch nach Westdeutschland anrufen."
(Interview mit Peter Sedlacek im August 2022. Interview: Imke Hurlin, Laura Röbe-Oltmanns, Juniorprofessur Sozialgeographie)
Herausforderungen der Anfangsjahre und Ost-West-Disparitäten
Prof. Dr. Benno Werlen ist seit 1997 am Institut tätig. Anfangs leitete er den Lehrstuhl für Bevölkerungs- und Sozialgeographie, dessen Denomination auf Sozialgeographie fokussiert wurde. Seit 2018 ist Prof. Dr. Benno Werlen Seniorprofessor des UNESCO Chairs on Global Understanding for Sustainability der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Im Interview reflektiert er die Anfangsjahre:
Veränderungen des Lehrverständnisses und Bologna-Reform
Zur Entwicklung der Historie gehören auch Veränderungen des Fach- und Lehrverständnisses und der Struktur des Studiums, wie durch die Bologna-Reform. Beispielhaft berichtet Prof. Dr. Tilman Rhode-Jüchtern, emeritierter Professor für Didaktik der Geographie, über Entwicklungen innerhalb des Lehrverständnisses in der Didaktik in den 1990er Jahren:
"Ich hatte hier [, in der Gestaltung der Abteilung für Didaktik] fast völlige Freiheit, musste aber in einem durchaus anderen Fachverständnis und Schulfachverständnis Fuß fassen und eigene Leitbilder plausibel machen. Beispiel: „Kulturerdteile“ – ich habe dazu eine große Fortbildungsveranstaltung mit dem Verlag Volk und Wissen veranstaltet, und am Ende sagte ein Lehrer: „Ich bin vom Konzept der Kulturerdteile völlig überzeugt, aber nun bin auch von der Kritik daran völlig überzeugt“. Man erkennt den Spagat und die langwierige Überzeugungs- und Beratungsarbeit. Und man kann sich leicht ausmalen, wie wichtig die einzelnen Persönlichkeiten waren, die sich daran beteiligt haben. Eine große Studie zum Fachverständnis der Thüringer Geographielehrer musste sowohl Aktzeptanz finden und wirksam sein im Ost-West-Dialog."
"Die allergrößte Herausforderung in der Institutsstruktur und -politik war die Modularisierung des Studiums und die Etablierung des BSc- und MSc-Abschlusses. Hier war es zu Ende mit der fast völligen Freiheit der einzelnen Lehrstühle. Man musste zu einem Ende kommen, anstrengend ohne Ende und doch am Ende auch konstruktiv."
(Interview mit Prof. Dr. Tilman Rhode-Jüchtern im Dezember 2022. Interview: Imke Hurlin, Laura Röbe-Oltmanns, Juniorprofessur Sozialgeographie)
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Grußwort zur Jena Lecture in Economic Geography mit Prof. Maryann Feldman (07.05.2018)Foto: Sebastian Henn
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In Seminaren der Geographiedidaktik werden vor Ort lohnende Bildungsanlässe gemeinsam ausgelotet, fachdidaktisch reflektiert und für den Geographieunterricht didaktisch inszeniert, wie hier in Hamburg 2022.Foto: Sophia Feige
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Informelle Feier des Endes der Vorlesungszeit (21.07.2021). V.l. Sebastian Henn, Alexander Brenning, Mirka Dickel, Simon RunkelFoto: Sebastian Henn
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J-Talks-Postkolloquium mit Prof. Bernzen (29.06.2022)Foto: Sebastian Henn
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Studierende auf dem Zuckerhut in Rio de Janeiro, Exkursion der Juniorprofessur für Sozialgeographie nach Südbrasilien (14.09.2022)Foto: Christiane Dammann
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HGD-Symposium zum Thema „Grenzen markieren und überschreiten“ 2017 in Jena, Veranstaltung der Didaktik der GeographieFoto: Universität Jena/Jan-Peter Kasper